Eine Bearbeitung von Udo Freiherr de Rath.
Die Sozialpsychologie untersucht die Auswirkungen der tatsächlichen oder vorgestellten Lebensweisen anderer Menschen auf das Erleben und Verhalten des Individuums.
Die Sozialpsychologie beschäftigt sich – wie die Psychologie ganz generell – mit der Erklärung und Beschreibung von Verhalten und Erleben. Sie unterscheidet sich von den anderen Disziplinen der Psychologie aber dahingehend, daß sie den Ausschnitt von Verhalten und Erleben untersucht, der sich auf zwischenmenschliche Interaktionen bezieht. Entsprechend befasst sich die Sozialpsychologie nicht nur mit Gruppen, sondern – was vielleicht auf den ersten Blick überrascht – auch mit dem Verhalten und Erleben von Einzelpersonen (in den letzten 30 Jahren sogar konzentriert). Dieser Fokus auf Einzelpersonen steht im Zusammenhang mit der "kognitiven Wende" in den 60er Jahren, in der den individuellen Denk- und Wahrnehmungsprozessen eine zentrale Rolle zugeschrieben wurde.
Mit diesem Aspekt berührt die Dissonanztheorie einen ganz klassischen Gegenstand der Sozialpsychologie, nämlich Einstellungsänderung (Einstellung).
Einstellungen sind deshalb ein so zentraler Bestandteil der Sozialpsychologie, da sie in starkem Maße unseren Umgang mit anderen bestimmen. So hat unsere Einstellung gegenüber Minderheiten einen Einfluss darauf, ob man mit Mitgliedern dieser Minderheit sozialen Kontakt aufnimmt oder nicht (Stereotype). Der Umgang mit anderen – Individuen wie Gruppen – stellt ganz generell einen ganz zentralen Kernbereich der Sozialpsychologie dar. Unter dem Stichwort "soziale Interaktion" wurde etwa untersucht, was zwei Individuen zueinander hinzieht (interpersonale Attraktion) oder unter welchen Bedingungen ein Individuum einem anderen hilft (prosoziales Verhalten, Hilfeverhalten) – oder aber absichtlich Schaden zufügt (antisoziales Verhalten oder Aggression). So haben etwa Darley und Latane in einer vielbeachteten Arbeit 1968 gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person einer anderen hilft, davon abhängt, ob sie in der Notsituation allein oder gemeinsam mit mehreren Personen anwesend ist. Je mehr weitere Personen anwesend sind, desto höher ist die Verantwortungsdiffusion, und desto niedriger ist die Wahrscheinlichkeit der Hilfe.
Während sich die meisten Arbeiten auf das Individuum konzentrieren, befasst sich ein zweiter großer Bereich der Sozialpsychologie mit Gruppenprozessen, und zwar einerseits mit der Dynamik innerhalb bestehender Gruppen und andererseits mit der Interaktion zwischen verschiedenen Gruppen.
Prozesse zwischen Gruppen stellen den letzten großen Gegenstandsbereich sozialpsychologischer Forschung dar. So befaßt sich die Theorie der sozialen Identität von Tajfel u.a. mit den Prozessen, mittels derer Gruppen soziale Distinktheit erreichen, und sie sagt vorher, daß Gruppen dazu tendieren, andere Gruppen abzuwerten. Die Differenzierung zwischen der "In-group" und "Out-group" und die entsprechenden Abwertungsprozeße gehen erstaunlich schnell: So zeigt das "minimal-group-paradigm" (minimales Gruppenparadigma), daß schon ganz triviale Kategorisierungen (wie etwa das Tragen einer blauen vs. weißen Schleife) die beschriebenen Prozesse in Gang setzen können.
Zusammenfassend befassen sich SozialpsychologInnen also mit Prozessen im Individuum, sofern diese in Zusammenhang mit sozialen Interaktionen stehen und mit Prozessen innerhalb und zwischen Gruppen.
August 2022
Die Sozialpsychologie untersucht die Auswirkungen der tatsächlichen oder vorgestellten Lebensweisen anderer Menschen auf das Erleben und Verhalten des Individuums.
Die Sozialpsychologie beschäftigt sich – wie die Psychologie ganz generell – mit der Erklärung und Beschreibung von Verhalten und Erleben. Sie unterscheidet sich von den anderen Disziplinen der Psychologie aber dahingehend, daß sie den Ausschnitt von Verhalten und Erleben untersucht, der sich auf zwischenmenschliche Interaktionen bezieht. Entsprechend befasst sich die Sozialpsychologie nicht nur mit Gruppen, sondern – was vielleicht auf den ersten Blick überrascht – auch mit dem Verhalten und Erleben von Einzelpersonen (in den letzten 30 Jahren sogar konzentriert). Dieser Fokus auf Einzelpersonen steht im Zusammenhang mit der "kognitiven Wende" in den 60er Jahren, in der den individuellen Denk- und Wahrnehmungsprozessen eine zentrale Rolle zugeschrieben wurde.
Mit diesem Aspekt berührt die Dissonanztheorie einen ganz klassischen Gegenstand der Sozialpsychologie, nämlich Einstellungsänderung (Einstellung).
Einstellungen sind deshalb ein so zentraler Bestandteil der Sozialpsychologie, da sie in starkem Maße unseren Umgang mit anderen bestimmen. So hat unsere Einstellung gegenüber Minderheiten einen Einfluss darauf, ob man mit Mitgliedern dieser Minderheit sozialen Kontakt aufnimmt oder nicht (Stereotype). Der Umgang mit anderen – Individuen wie Gruppen – stellt ganz generell einen ganz zentralen Kernbereich der Sozialpsychologie dar. Unter dem Stichwort "soziale Interaktion" wurde etwa untersucht, was zwei Individuen zueinander hinzieht (interpersonale Attraktion) oder unter welchen Bedingungen ein Individuum einem anderen hilft (prosoziales Verhalten, Hilfeverhalten) – oder aber absichtlich Schaden zufügt (antisoziales Verhalten oder Aggression). So haben etwa Darley und Latane in einer vielbeachteten Arbeit 1968 gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person einer anderen hilft, davon abhängt, ob sie in der Notsituation allein oder gemeinsam mit mehreren Personen anwesend ist. Je mehr weitere Personen anwesend sind, desto höher ist die Verantwortungsdiffusion, und desto niedriger ist die Wahrscheinlichkeit der Hilfe.
Während sich die meisten Arbeiten auf das Individuum konzentrieren, befasst sich ein zweiter großer Bereich der Sozialpsychologie mit Gruppenprozessen, und zwar einerseits mit der Dynamik innerhalb bestehender Gruppen und andererseits mit der Interaktion zwischen verschiedenen Gruppen.
Prozesse zwischen Gruppen stellen den letzten großen Gegenstandsbereich sozialpsychologischer Forschung dar. So befaßt sich die Theorie der sozialen Identität von Tajfel u.a. mit den Prozessen, mittels derer Gruppen soziale Distinktheit erreichen, und sie sagt vorher, daß Gruppen dazu tendieren, andere Gruppen abzuwerten. Die Differenzierung zwischen der "In-group" und "Out-group" und die entsprechenden Abwertungsprozeße gehen erstaunlich schnell: So zeigt das "minimal-group-paradigm" (minimales Gruppenparadigma), daß schon ganz triviale Kategorisierungen (wie etwa das Tragen einer blauen vs. weißen Schleife) die beschriebenen Prozesse in Gang setzen können.
Zusammenfassend befassen sich SozialpsychologInnen also mit Prozessen im Individuum, sofern diese in Zusammenhang mit sozialen Interaktionen stehen und mit Prozessen innerhalb und zwischen Gruppen.
August 2022