Ein Essay von U. Freiherr de Rath.
Können wir im Gespräch einfach nur zuhören, so wie wir der Musik einfach nur zuhören?
Den meisten Menschen ist das nicht möglich, wenn sie den Worten eines Mitmenschen zuhören.
Mitten im Satz des Gegenübers schweift die Achtsamkeit ab, weil ein Wort oder einige Worte eine eigene Erinnerung auslösen. Oder auch eigene Vorstellungen auslösen, die wir mitten im Gespräch in uns wahrnehmen und dadurch dem Menschen im Außen nicht weiter folgen, nicht weiter aktiv zuhören. Es sei denn, es handelt sich beim Zuhörer um einen erleuchteten Mitmenschen.
An dieser Stelle muss ich bewusst machen, dass aus meiner Lebenserfahrung heraus eine Therapie nur dann Sinn macht, wenn sie zur Meditation führt und die Meditation nur dann, wenn sie zur Erleuchtung führt. Erst dann, nach dem Entwicklungsprozess der Therapie und Meditation, mit einem daran anknüpfenden erleuchteten Bewusstsein werden die inneren Störungen leiser, leiser und immer leiser, bis sie sich in die Stille auflösen. Erst wenn die Erleuchtung an die Prozesse der Vergangenheit „wieder angeknüpft“ (religare) ist, wirkt sie in die Vergangenheit hinein und verändert sie von der ewigen Gegenwart ausgehend und eingehend. Dasselbe gilt für die Zukunft.
Die sogenannten Tagträume verblassen immer mehr bei einem erleuchteten Menschen, dessen Therapiemethoden und Meditationstechniken den Menschen vorbereitet haben. Vorbereitet auf den Empfang der Erleuchtung, die nicht erschaffen wird, so wie wir ein Ding, eine Vase, ein Haus oder ein Auto konstruieren und produzieren können. Die Erleuchtung ist ein Geschenk. Ein Geschenk der Existenz an ein Individuum. Du kannst dich empfänglich machen, aber nicht die Erleuchtung machen.
Auch in den 112 Meditationstechniken des Tantra finden sich einige Techniken, die mit dem Zuhören von Klängen und Musik zu tun haben, aber auch das nicht-technische Musikhören ist ein Weg der Vorbereitung auf die Stille, in der Erleuchtung geschieht.
Musiktherapie ist ein Prozess, der Störungen bewusst macht und diese für den Zeitraum des Musikhörens oder Musikmachens vorübergehend in den Hintergrund des Wahrnehmens verschiebt. Allerdings treten die Störungen wieder in den Vordergrund, wenn die Musik endet.
Die alltägliche Praxis mit den Techniken der Meditation löst die Dualität des Hörenden und des Gehörten auf. Anfangs sind wir auf die Objekte die wir hören konzentriert und später dann auf das Subjekt das du als der, die, das Hörende Wesen bist. Doch in dem Moment der Meditation ist weder ein Objekt, noch ein Subjekt lebendig. Der Moment der Meditation ist non-dualistisch. Die meditative Praxis folgt den Elementen 1. Konzentration, 2. Kontemplation, 3. Meditation und in dem Moment der Meditation geschieht dir die Erleuchtung.
Ist die Energie der existenziellen Erleuchtung erst einmal entzündet, beendet sie alle Störungen, sowie das Licht die Dunkelheit beendet. Kommen Erinnerungen oder Vorstellungen bei einem erleuchteten Menschen vor, so sind sie alle für den erleuchteten Menschen nur noch wie ein blasser Mond im Tageslicht.